Es lebe die Revolution!
Westfalen, wir befinden uns im Jahre des Herrn Zweitausendunddrei. In einem kleinen Dorf lebt ein Haufen KLJBler/innen friedlich vor sich hin. Ihre saufende Eintracht wird nur selten unterbrochen, und so fristen sie ein glückliches Dasein im Schatten des Hüssenbergs. Doch eines Tages erhalten sie einen bunten Zettel, und nach eingehender Untersuchung stellen sie fest, dass es sich um eine Einladung handelt. Eine Einladung, ja, tatsächlich, nur zu was? Auf den ersten Blick sieht es aus, wie ein Spielwochenende für Kleinkinder, und die Sache scheint schnell abgetan zu sein. Doch ein paar, die sich, und sei es nur aus Langeweile, Gedanken über diesen Fund machen, kommen zu der überraschenden und für sie tiefgreifenden Erkenntnis, dass da wohl noch andere KLJB-Gruppen existieren, außer Eissen und Fölsen.
Was sind das wohl für Leute? Was sind ihre Bräuche? Trinken sie Bier? Fragen über Fragen. Die Beantwortung all dieser schien nur möglich, wenn man sich das einmal genauer anschaute. Doch dazu musste man Eissen verlassen, musste sich in die weite Welt begeben, musste Gefahren durchstehen und durfte dafür darauf hoffen, ein Abenteuer zu erleben. Nun, wild entschlossen, den Rest der Welt zu entdecken und von der Existenz der Eissener kundzutun, meldeten sich insgesamt fünf mutige Freiwillige für diese Expedition. Der sonderbare Brauch beinhaltete eine Anmeldepflicht, etwas recht neuartiges für die ansonsten in anarchischen Rudeln auftretenden Eissener. So meldete man sich, um bloß nicht alleine zu sein, bei den gleichen Einzelveranstaltungen an: Kanutour, Materpfahl, Bodypainitg, Wewelsburg, die letzte ist in der Überlieferung verloren gegangen. Nun erwartete man die Antwort, und als sie kam, war die Begeisterung für die Sache schon bald fast wieder dahin. Zwei - Buschmann und Christiane - wurden zur Kanutour eingeteilt, die anderen drei - Christian, Bollo und Picc - sollten beim Materpfahl eingesetzt werden. Schon begann das Geschacher um den Tausch von Plätzen, aber am Ende blieb dann doch wieder alles so, wie es vorgesehen war. Als Trostpflaster wollten die Materpfahlschnitzer, welche allesamt lieber Kanu gefahren wären, wenigstens den Materpfahl mitnehmen.
Am Samstagmorgen des 3. Mai ging es dann, noch nicht so ganz nüchtern, los. Zum Abtransport wurde ein Pferdeanhänger mitgenommen, in dem auch Kettensägen zur Selbstverteidigung mitgeführt wurden, falls die gefährliche Expedition ins Ungewisse dies erfordern würde. Nebenbei wollte man die Kettensägen auch beim Materpfahlschnitzen benutzen. Über die Autobahn rauschte nun also dieser Erkundungstrupp und Verkünder Eissener Fetentugend gen Büren. In Büren war der Veranstaltungsort sogar recht gut ausgeschildert, was auf eine hohe Teilnehmerzahl hoffen ließ. An der Bürener Stadthalle angekommen trat schon bald Ernüchterung ein: Es war kaum was los, dafür wunderten sich alle über unseren Pferdeanhänger. Vielleicht war man zu früh, was bis jetzt allerdings noch nie vorgekommen war. Mutig betraten die fünf nun die Halle und befanden sich bald darauf in den Fängen der Bürokratie. Anmeldung. Welch grässliches Wort. Und dazu bekam man auch noch Armbändchen als Erkennungszeichen - man war verwirrt. (Auf ner Messdienerfahrt hats mal Volksbankmützen gegeben, aber da war man ja auch noch viel viel jünger.) Gleich nach der ersten Anmeldung musste man sich nochmal bei der Gruppe melden, der man zugeteilt worden war. Dabei ergab sich dann für Christian ein Glücksfall. Er konnte noch in letzter Sekunde vom Materpfahlschnitzen zur Kanutour wechseln.
Nun begann der eigentliche Akt. Die Kanufahrer wurden in totaler Unwissenheit gelassen und an einen unbekannten Ort deportiert, die Materpfahlschnitzer blieben eine Zwei-Mann-Gruppe, die von einem Ex-Zivi geführt wurde. Im folgenden wird größtenteils von der Kanutour berichtet, da der Autor an dieser teilgenommen hat, dafür gibt es mehr bildliches Überlieferungsmaterial von den Materpfahlschnitzern.
Die Kanutour begann schleppend, und mit dem ständigen Gejammer von Christiane, dass sie bestimmt untergehen werde. Christian war erfahrener Kanufahrer und für ihn schien keine Gefahr zu bestehen und Buschmann glaubte es zu können. Die Tour fand auf der Alme statt, einem kleinen Flüsschen bei Büren und wurde geleitet von Mitgliedern des örtlichen Kanuvereins. Das fiese an diesem hundsgemeinen Flüsschen war der überhängende Randbewuchs, in den man möglichst nicht hineinfahren sollte. Nach ein paar Minuten staute sich alles, weil keiner Ahnung hatte und jeder mehr trieb als fuhr. Danach gings kurzzeitig weiter, bis zur ersten kniffligen Stelle. Der erfahrene Christian und die ängstliche Christiane kamen durch. Der immer noch an sich selbst glaubende Buschmann fuhr, oder vielmehr wurde gefahren, über einen gekenterten Vordermann und kenterte daraufhin ebenfalls. Dummerweise war es an jenem Tag nicht wirklich warm, so dass er für den Rest der Tour leicht frieren musste. Nachdem die ersten Unfälle überstanden waren, ging es insgesamt recht gut weiter. Alle Schwierigkeiten wurden von den Eissern mutig in Angriff genommen und gemeistert. Als Buschmann schon fast wieder trocken geweht war, kenterte er aber dummerweise abermals, diesmal zu allem Unglück auch noch erst kurz nach einer schwierigen Stelle. Dabei fand er sich allerdings in bester Gesellschaft. Am Rand standen schon mehrere Gekenterte, die ihre Boote lehrten, und mit ansehen durften, wie Buschmann Kopfüber im Wasser hängend mit dem Helm auf den Grund stieß, und so nicht ganz so schnell aus seinem Boot kam. Der Rest der Kanutour verlief - glücklicherweise - ohne große Probleme. Buschmann und Christiane waren aber trotzdem froh, dass es vorbei war. Buschmann, weil er endlich wieder trocken werden wollte und Christiane, weil sie sonst wahrscheinlich vor Angst gestorben wäre.
Nach dem Abendessen begann nun der Teil, auf den die unermüdlichen Forscher am längsten gewartet hatten: Die Fete. Dafür war allerhand technisches Brimborium herangeschafft worden, die Halle wurde trotzdem nicht voll. Die fünf Wagemutigen hielt dies aber nicht davon ab, trotzdem bis zum bitteren Ende abzufeiern, nur kurzzeitig unterbrochen durch einen Komiker, der sich wegen eines Stehtisches oder wegen Picc oder wegen wer weis was mit ihnen schlagen wollte. Bevor aber irgendwas passierte, war Christian schon mit seinem All-Inclusive-Armbändchen beim Wachdienst gewesen, der somit das erste mal in der Fetengeschichte auf Seiten der Eisser stand. Fast zu spät spielte der DJ nach mehrmaligem Wunsch die Eisser Nationalhymne. Und V1 Christian schaffte es sogar noch, kurz vor Ende der Fete, eine Kiste Bier zu ergattern, die das Weiterfeiern in der Turnhalle, in der man für die Nacht untergebracht war, ermöglichen sollte. Auf dem Rückweg zur Turnhalle an der Alme entlang, wo wir laut Veranstalter nicht entlang gehen sollten, traf man auch auf die versprochenen aggressiven Russlanddeutschen. An jenem Abend waren sie allerdings nicht ganz so aggressiv, oder wir waren mehr als einer und ihre Brüder waren im Urlaub. In der Halle saßen schon ein paar Leute auf dem Flur rum. Wir kamen mit unserer Kiste gerade recht. Die Fete konnte weitergehen. Doch dann kam ein Ereignis, auf das niemand vorbereitet war, und das alles ändern sollte: Es wurde Bettruhe angeordnet. Die Revolution begann.
Zuerst glaubte man, nicht recht zu hören, es konnte sich nur um einen bösen Scherz handeln. Bettruhe, wer will schon um drei Uhr Morgens nach einer geilen Fete pennen, wenn man mit lauter netten und lustigen Leuten und einer Kiste Bier auf dem Flur einer städtischen Turnhalle sitzt. Niemand!! Doch vom Ernst der Lage überrascht, wurde dem Befehl widerwillig Folge geleistet - vorerst. Sogar Zähne putzen durfte man nicht mehr. Nun lag man also mit seinem in die Halle geschmuggelten Bier auf einer Gymnastikmatte, und dachte beim besten Willen nicht an Bettruhe. Am unruhigsten waren Bollos Kampfstiefel, sie bewegten sich unablässig über die Oberfläche der Gymnastikmatte auf der er lag und verursachten dabei Pfurzgeräusche. In der ganzen Halle wurde gekichert und geflüstert. Der einzige, der todernst blieb war der Ex-Zivi mit Unteroffizierausbildung inklusive Lehrgang für dumme Sprüche, der auch beim Materpfahlschnitzen dabei gewesen war. Immer wieder brauste er auf, und versuchte Verzweifelt die heilige Disziplin und Bettruhe aufrechtzuerhalten - man war ja nicht zum Spaß da! Buschmann wollte ohne Zähneputzen nicht im Bett ruhen und begab sich laut trampelnd in den Dusch- und Waschbereich. Bei seiner Rückkehr in die Halle öffnete ihm Bollo mitsamt seinen Klamotten die Tür, verfolgt vom, drohend mit seiner Taschenlampe fuchtelnden, Ex-Zivi. Bollos Kampfstiefel hatten die ganze Halle vollgepfurzt, was zu Bollos Versetzung nach draußen führte. Buschmann und Christian folgten Bollo sofort mit ihren Klamotten und dem Bier nach draußen. Die Revolution war in vollem Gange. Man erbeutete noch eine Plastiktonne mit Gummibärchen und machte es sich vor der Halle auf dem Pflaster bequem. Christiane und Picc verschliefen die Revolution. Dem flammenden Beispiel der Eisser Unbeugsamkeit folgten alsbald zwei Uelder KLJB Mitlgieder. Johanna und den Namen des anderen hab ich leider vergessen. Die Revoluzzer vor der Halle fraßen die Gummibärchen auf und soffen das Bier leer und schliefen dann irgendwann ein. Wann sie wollten.
Am nächsten Morgen hatte man keine Lust auf einen Gottesdienst mit einem diktatorischen Regime. So nahm man nur noch das Frühstück mit und machte sich dann auf den Heimweg. Auf dem Rückweg wurde man dann noch von Buschmann gezwungen, sich total übermüdet die Wewelsburg anzuschauen und war dann froh, als man endlich wieder im schönen Eissen ankam. Die Welt hatte uns erblickt. Wir waren auf die Bühne getreten und die Erde begann sich weiter zu drehen,...
Musik während der Texterstellung: Der Krach der Handwerker die meine Küche aufbauen
Getränk während der Texterstellung: Multivitaminsaft ausm Aldi
Längstes und häufigstes Wort: Marterpfahlschnitzer/en